„Die Gedenkstätte Bergen-Belsen soll uns über die Schicksale der Häftlinge im Zweiten Weltkrieg aufklären. Aber vor allem will sie uns etwas mit auf den Weg geben, über das wir Nachdenken können.“
Das waren die Worte unseres Tourguides, als wir am 25.10.2024 Bergen-Belsen besuchten. An diesem Tag wollten wir mehr über die Geschichte lernen, damit wir die Hintergründe des Tonziegel-projektes vom Volksbund besser verstehen konnten. Schon einige Monate vorher hatten wir mit dem Tonziegelprojekt begonnen und wollten nun die Ziegel zu ihrer Endstation bringen.
Bevor wir die Ziegel auf den Friedhof brachten, stand erst eine Führung durch das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen an. Unsere doch sehr große Truppe wurde in vier Gruppen aufgeteilt, damit die Tourguides es einfacher hatten.
Während der Führung im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen.
Zunächst zeigte man uns ein Modell der Anlage von Bergen-Belsen. Es wurde erklärt, wo die Häftlinge angekommen sind, wo ihre Baracken waren und wo die Leichen eigentlich verbrannt werden sollten. Sehr interessant war das Gebäude, in dem man sofort nach der Ankunft der Häftlinge deren Kleidung bei hohen Temperaturen wusch. Im Lager Bergen-Belsen herrschte nämlich eine hohe Seuchengefahr (Fleckfieber und Typhus), die durch das Abtöten der Erreger in den Klamotten reduziert werden sollte. Für die Häftlinge war das die erste traumatisierende Erfahrung, da sie für mehrere Stunden unbekleidet gemeinsam auf einem Platz stehen mussten. Wir können uns kaum vorstellen, was das besonders in den Wintermonaten für eine Belastung gewesen sein muss.
Die Tour ging auf dem Außengelände weiter. Auf den ersten Blick konnte man gar nicht mehr erkennen was hier früher mal passiert war, denn man entschied sich dazu, das Gelände etwas freundlicher zu gestalten, damit die Stimmung nicht noch bedrückender ist. Die Grenzen, an denen früher mal der große Zaun gewesen war, erkannte man aber noch ziemlich genau. Wir schauten uns eines der Massengräber auf dem Gelände etwas genauer an. In den dort stehenden Massengräbern liegen zwischen 500 und 5000 identifizierbare Tote. Wenn man genauer hinschaut, liegen bei den Gräbern, oder generell auf dem Gelände, ziemlich viele Steine. Dies ist eine jüdische Tradition und jeder Besucher ist herzlich eingeladen, einen Stein mitzubringen. Denn im Vergleich zu Blumen verwelkt ein Stein nie…
Angefertigte Tonziegel der Klasse 10e der Elisabeth-Belling-Gesamtschule
Schockiert haben uns die Informationen über den täglichen Appell im Lager. Vielen war gar nicht klar, dass es dieses schreckliche Ritual überhaupt gab. Meistens zweimal am Tag mussten alle Häftlinge beim Appell für mehrere Stunden stillstehen. Sie durften sich nicht bewegen und mussten ihren Blick stets gesenkt halten. Oft verlängerte sich der Zeitraum des Appells, da die Aufseher keinen Wert auf Pünktlichkeit oder Menschlichkeit legten. Wer gegen die Regeln des Appells verstieß, wurde von den Aufsehern in die Mitte gezogen und durch verschiedene Methoden gefoltert. Viele starben bei diesem Appell.
Als Abschluss durften wir uns eigenständig die Ausstellung des Museums anschauen. Dort gab es viele interessante Videos mit Zeugen, genaue und deutliche Fotoaufnahmen und Gegenstände aus dem Lager. Danach trafen wir uns wieder und legten die kurze Busfahrt zum Friedhof zurück.
Dort angekommen stellte sich uns eine sympathische ältere Dame vor, die ehrenamtlich für den Volksbund arbeitet. Sie führe immer die Gruppen herum, die an dem Tonziegelprojekt teilgenommen haben.
Die Mitarbeiterin vom Volksbund führte uns zu einem Gedenkstein, den sie für besonders reizvoll und schön hielt. Das Design dieses Gedenksteines war im Vergleich zu dem typischen Design sehr anders. Die üblichen Gedenksteine zeigen die Soldaten, wie sie entweder noch in voller Pracht stehen oder ihrem Tod ins Auge blicken. Der Stein auf diesem Friedhof zeigte jedoch eine junge Frau, die vor Trauer nur weinen kann. Meiner Meinung nach passt dieses Symbol sehr gut, denn es waren die Frauen, Mütter und Kinder die alleine zurückblieben und nicht wussten wo ihre Geliebten waren.
Wir suchten uns einen großen Platz auf der Rasenfläche und stellten uns in einem Kreis auf. Es wurden weiße Rosen als Symbol der Reinheit und Trauer verteilt. Diese wollten wir gemeinsam mit den Ziegeln hier verweilen lassen. Zur Ehre der sowjetischen Kriegsgefangenen lasen wir alle den Namen auf den Ziegeln laut vor und legten sie dann gemeinsam in die Mitte. Diese Geste löste ein gutes Gefühl aus, denn es ist etwas Besonderes, solch einer Person eine Ehre zu erweisen. Besonders wenn man nicht weiß, ob dies vielleicht das letzte Mal gewesen war, dass jemand an diese Person dachte. Danach verließen wir diesen Ort im Wissen, etwas Gutes getan zu haben.
Zeremonie zur Erinnerung an ehemalige Kriegsgefangene
Zusammengefasst kann ich betonen, wie schön es war ein Teil dieses Projektes zu sein. Es hat das Verständnis für die Geschichte noch mehr vertieft und uns vor allem den Respekt vor solchen Menschen gelehrt. Ihnen ist etwas schreckliches vorgefallen und trotzdem versuchten sie zu überleben, wie Helden. Das muss man respektieren und bewundern. Es fühlt sich gut an zu wissen, welche Ehre man diesen Menschen erteilen durfte. Vielleicht hilft es sogar noch Angehörigen, ihrer Verwandtschaft wieder ein Stück näher zu kommen. Ich hoffe der Volksbund und das Tonziegelprojekt bleiben noch lange erhalten, damit auch die kommenden Generationen noch verstehen, was diese Menschen getan und ertragen mussten. Sowie das ihre Namen und Taten nie in Vergessenheit geraten.
Wir danken dem Volksbund und der Stiftung Gedenken und Frieden für die Unterstützung.
Text: Nicola Meyer (leicht gekürzt)
Elisabeth-Belling-Gesamtschule (Klasse 10)